Hans Ulrich Hill: Die Ursachen von Multisystemerkrankungen sind vielfältig und oft noch nicht vollständig geklärt. Häufige Ursachen sind eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umweltfaktoren (wie Infektionen, Schadstoffe), aber auch Fehlregulationen des Immunsystems spielen eine Rolle. Von besonderer Bedeutung für die Auslösung der Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) und von neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer sind hoch-toxische Umweltchemikalien wie Pestizide vom Typ der organischen Phosphatverbindungen, der Pyrethroide, aber auch Feinstaub, wie er bei Tonern vorkommt.
Hans-Ulrich Hill und Wolfgang Huber
In dieser Übersichtsarbeit werden pathologische Mechanismen neurodegenerativer Krankheiten und der Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) dargestellt, um Merkmale zu finden, die Hinweise für eine gemeinsame Ursache und Pathophysiologie liefern können.
Viele epidemiologische Studien haben bereits nachgewiesen, dass beide, MCS und neurodegenerative Krankheiten, besonders die Alzheimer- und Parkinson- Krankheit, durch Exposition gegenüber Umweltchemikalien ausgelöst werden können. Die als Folge im Körper entstehenden Mechanismen zeigen ähnliche Merkmale. Sie werden ausgelöst durch die Bindung von Chemikalien an spezielle Rezeptoren und deren anschließende Aktivierung. Diese Rezeptoren befinden sich an Zellen des Angeborenen Immunsystems und an Nervenzellen im Gehirn. Es handelt sich um die sogenannten TRP-Rezeptoren (transient receptor potential receptors), von denen es verschiedene Typen und Varianten gibt.
Als Folge von deren Aktivierung werden Signalketten ausgelöst, die u.a. nach Ausschüttung von Glutamat zur übermäßigen Aktivierung von N-methyl-D-aspartat-Rezeptoren (NMDA-Rezeptoren) im Gehirn führen. Dieser Vorgang spielt eine zentrale Rolle bei neurotoxischen Mechanismen, die sich als Exzitotoxizität, Apoptose (Programmierter Zelltod) und chronischer Entzündung im Gehirn ausprägen. Die Entzündung im Gehirn wird hauptsächlich von Astrozyten und Gliazellen gesteuert, die Bestandteile des Angeborenen Immunsystems im Gehirn darstellen.
Im Normalzustand unterstützen diese Zellen die Funktionen der Nervenzellen im Gehirn. Unter pathologischen Bedingungen, die durch verschiedene Umweltchemikalien verursacht werden, verwandeln sich diese dann aktivierten Zellen in einen pathogenen Zustand um, der zur chronischen Entzündung führt. Dann scheiden sie Zytokine als Signalstoffe aus, die wiederum verschiedene Entzündungsmechanismen aktivieren, als deren Folge Sauerstoffradikale (Oxidativer Stress) und Peroxynitrit (Nitrosativer Stress) entstehen. Diese pathogenen Mechanismen verlaufen als sich selbst verstärkende „Teufelskreise“, die ein Risiko für eine fortlaufende Neurodegeneration darstellen. Es gibt in Studien Hinweise dafür, dass einige dieser Mechanismen auch bei der Krankheit MCS nachweisbar ablaufen.
Einleitung
Nach verschiedenen epidemiologischen Studien können Umweltfaktoren neurodegenerative Prozesse im Gehirn auslösen. 95% der Fälle von Alzheimer- Krankheit gelten als sporadisch verursacht, die nicht hauptsächlich durch genetische Faktoren bedingt sind (Roßner, 2017). Bei diesen Fällen sind äußere Risikofaktoren für die Entstehung der Demenz verantwortlich, wie z.B. vorexistierende Krankheiten wie Diabetes II, Adipositas oder andere Krankheiten des Metabolischen Syndroms wie Bluthochdruck, Arteriosklerose, gestörter Fettstoffwechsel, ferner chronische Entzündungen und Autoimmun-Krankheiten. Hier taucht die Frage nach den Ursachen von chronischen Entzündungsprozessen durch Umweltfaktoren auf, wie beispielsweise Faktoren des Lebensstils, darunter Bewegungsmangel, Ernährung, Rauchen, Alkohol- Konsum, frühere Infektionskrankheiten, aber auch Exposition durch Umwelt- chemikalien wie Pestizide, organische Lösungsmittel, Belastung durch Feinstaub PM 2,5, Luftverschmutzung durch Stickstoff-, Schwefeloxide, Ozon und andere. Langzeit- Anwendungen von Medikamenten, insbesondere Antibiotika, können in Kombination mit anderen Wirkstoffen und Chemikalien neurodegenerative Prozesse fördern (Cannon und Greenamyre, 2011). Epidemiologische Studien haben nachgewiesen, dass Feinstaub PM 2,5 ein deutliches Risiko für die Entstehung der Alzheimer Krankheit darstellt (Calderon et al., 2018; Wilker et al., 2015).
Es ist offensichtlich, dass die Auslösung von Demenz durch Umweltfaktoren auch im Zusammenhang mit dem Ursprung anderer umweltbedingter Krankheiten gesehen werden kann, wie Allergien, Autoimmunkrankheiten, toxische Enzephalopathie (TE) und Polyneuropathie und schließlich Multiple Chemikalien Sensitivität (MCS). Wenn man die grundlegenden physiologischen und biochemischen Mechanismen dieser Krankheiten betrachtet, dann findet man ähnliche und entsprechende pathogene Prozesse bei beiden, den Demenz- und Umwelt-Krankheiten.
Die Mechanismen der Neurodegeneration und Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) sind ähnlich
Die Außenluft in Städten ist mit einer komplexen Mischung verschiedener Schadstoffe belastet, wie z.B. Feinstaub, verschiedene Gase wie Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, polyaromatische Kohlenwasserstoffe, verschiedene flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOCs) (WHO, 2020; Molot et al., 2021). Die Belastung der Luft in Innenräumen ist unterschiedlich und hängt von den jeweiligen Baumaterialien und Wohngewohnheiten ab, häufig kommen Moleküle organischer Lösungsmittel (VOCs), Formaldehyd, Essigsäure, Trichlorethylen, Tetrachloemethan, Pentachlorphenol, polychlorierte Biphenyle, Dioxine und andere vor. Die meisten dieser Umweltgifte lösen pathophysiologische Mechanismen aus, indem sie an TRP-Rezeproren (Transient-Rezeptor-Potential-Receptoren) vom Typ V1 und A1 (TRPV1 and TRPA1) binden, die sich an sensorischen Nervenfasern des peripheren Nervensystems befinden.
Die Expression dieser Rezeptoren wird durch die Chemikalien-Exposition hochreguliert, und die gebundenen Chemikalien lösen dann eine Übererregung von sensorischen Nerven des peripheren Nervensystems und den damit verbundenen funktionellen Arealen im Gehirn aus. Dies kann dort neurodegenerative Prozesse mit Verlust von Gehirnmasse auslösen (Molot et. al., 2021). Auch bei MCS-Patienten kommt ein geschädigtes olfaktorisches System vor, das verbunden ist mit Neurodegeneration bei gleichzeitiger Überempfindlichkeit des Trigeminus. Gleichzeitig sind eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit, chronische Kopfschmerzen und ein Verlust des Geruchsinns festzustellen. Hochregulierte TRPV1- und TRPA1-Rezeptoren wurden bei Patienten mit Neurodegeneration, Chemikalien- Asthma, Migräne und MCS nachgewiesen.
Patienten mit Chemikalien- Überempfindlichkeit besitzen eine erhöhte Sensitivität dieser Rezeptoren und eine erniedrigte Reaktionsschwelle, die mit einer verstärkten Reaktion auf die Exposition gegenüber Umweltchemikalien verbunden ist. Das System der sensorischen Geruchsnerven und der Trigeminus-Nerven zeigt Anzeichen von Neurodegeneration nach chronischer Exposition gegenüber Chemikalien. Dies Patienten haben meist eine unspezifische Überempfindlichkeit gegenüber Chemikalien der Luftverschmutzung, was typisch für MCS-Patienten ist. All diese Beobachtungen und Befunde sind im Review von Molot et al. (2021) zusammengefasst und anhand vieler Studien dokumentiert.
Eine weitere wichtige Kohorten-Studie betrifft das Personal der Feuerwehr von New York, das an den Rettungseinsätzen nach dem Terror-Angriff auf das World-Trade- Center (WTC) am 9.11.2001 beteiligt war. Bei diesen wurden langzeitig wirkende toxische Effekte auf kognitive Gehirnfunktionen festgestellt. Die Feuerwehr-Leute waren hohen und toxischen Konzentrationen von Feinstaub über viele Stunden ausgesetzt. Etwa 13 bis 19 Jahren nach dem Terrorangriff wurden bei 5010 Feuerwehr-Leuten eine 10-fach größere Häufigkeit von Demenz nachgewiesen, deren Ausmaß von der Dauer und Höhe der Exposition abhängig war (Clouston et al., 2024).
Andere Studien, die sich auf Nervengifte im Staub und in den Trümmern des zerstörten WTC bezogen, haben immunologische Labormarker im Zusammenhang mit den kognitiven Störungen des Feuerwehr-Personals nach der Katastrophe erhoben. Sie fanden hochregulierte neuroimmunologische Reaktionen der Makrophagen und erhöhte Konzentrationen von phosphoryliertem Tau-Protein, was auf neurodegenerative Prozesse im Zentral-Nervensystem hindeutete. Untersuchungen von Gehirnen der Mitglieder der Rettungs-Mannschaften mit funktioneller MRT-Bildgebung wiesen aktivierte Gliazellen und Anzeichen von Entzündung im Hirnareal des Hippocampus besonders bei den Personen nach, die einer hohen toxischen Exposition ausgesetzt waren. Mehrere Studien in den Jahren bis 2024 hatten zunehmende Hinweise für einen Zusammenhang zwischen neurodegenerativen Krankheiten und der Exposition gegenüber Umwelt-Chemikalien und Feinstaubbelastung der Luft ergeben (DGN- Report, 2024).
Weitere epidemiologische Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Fälle von Parkinson-Krankheit und dem Ausmaß der Pestizid-Belastung von Landwirten und Landarbeitern, die in der Landwirtschaft arbeiten (Ascherio et al., 2006). Eine weitere Studie fand heraus, dass frühere langzeitige Expositionen durch das Fungizid Maneb und das Herbizid Paraquat bei Landwirten und Bewohnern des „Central Valley“ im Bundesstaat Kalifornien, USA, das Risiko, die Parkinson-Krankheit zu bekommen, um etwa 75% erhöhten (Wheeler, 2009). Nach der Übersichtsarbeit von Freire und Koifman (2012) ist der Zusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und der Auslösung der Parkinson-Krankheit zumindest epidemiologische erwiesen. Eine signifikante Zunahme des Risikos für die Parkinson-Krankheit wurde in 13 von 23 Fall- Kontroll-Studien nachgewiesen, bei denen die Gesamt-Exposition gegenüber Pestiziden berücksichtigt wurde, und ebenso bei 10 von 12 weiteren Studien mit einem anderen Studien-Design. Ein erhöhtes Risiko für die Parkinson-Krankheit wurde besonders bei Insektiziden wie Chlorpyriphos und Organochor-Verbindungen, sowie bei dem Herbizid Paraquat und dem Fungizid Maneb gefunden. Neben Paraquat haben Tierversuche mit weiteren Pestiziden mit ähnlichen Wirkungs-Eigenschaften wie Rotenon, Maneb, Dieldrin, Heptachlor und Atrazin einen kausalen Zusammenhang mit einer Ansammlung von α-Synuclein und einer Degeneration und Apoptose (programmierter Zelltod) von dopaminergen Nerven im Gehirn nachgewiesen (Betarbet et al., 2012; Moretto und Colosio, 2011; Thiruchelvam et al., 2000a und 2000b).
Die Wirkungen von Umweltchemikalien verstärken Entzündungs- und neurodegenerative Prozesse
Eine Verbindung zwischen Neurodegeneration und Exposition gegenüber Umweltchemikalien wurde beispielhaft von Cannon and Greenamyre (2011) nachgewiesen. Sie kommen am Ende zum Schluss (Zitat): „Given that humans are exposed to numerous environmental toxicants in the course of a life span, identifying such a factor has proven to be very difficult, if not impossible. However, epidemiology and laboratory-based science have identified factors that influence risk and reproduced the key pathological features using animal models of the major neurodegenerative diseases.”
(Unter der Annahme, dass Menschen einer Vielfalt von Giftstoffen in ihrem Lebenslauf ausgesetzt sind, ist es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, solche Ursachen-Faktoren zu identifizieren. Dennoch haben Epidemiologie und Labor-Studien Faktoren identifiziert, die das Risiko bestimmen, und die die wesentlichen pathologischen Mechanismen mit Hilfe von Tiermodellen der wichtigsten neurodegenerativen Krankheiten reproduzierten.).
Im Rahmen dieser Übersichtsarbeit können nur wenige von vielen Beispielen der Wirkung von Umweltchemikalien im Zusammenhang mit neurodegenerativen Krankheiten referiert werden.
Die Moleküle von Chemikalien gelangen ins Gehirn, indem die Blut-Hirn-Schranke (BHS) aufgrund ihrer unpolaren Eigenschaften oder als Folge einer Schädigung der BHS durch Entzündungs-Mechanismen überwinden (Abb. 1).

Erläuterungen: Channel mediated entry: Eindringen von Fremdstoffen über bestimmte Transport-Kanäle; Dysfunctional BBB: gestörte Blut-Hirn-Schranke; normalerweise ausgeschlossene toxische Moleküle können ins ZNS gelangen. Diffusion by highly lipophilic molecules: Diffusion von stark-lipophilen Molekülen; myelinating cells of CNS: Myelin-bildende Zellen des ZNS; Astrozyten: reagieren auf Schädigungen im ZNS, Mikrogliazellen: Träger des Immunsystems im Gehirn, stabilisieren die Funktion der Nervenzellen, werden durch Schadstoffe aktiviert und dadurch pathogen mit Ausschüttung toxischer Stoffe. Oligodendrozyten: Myelinbildung im ZNS, durch Schadstoffe Störung der Myelinbildung und damit auch der Erregungsleitung der Integrität der Nervenzellen.
Abb. 1: (Nach Cannon and Greenamyre, 2011) Dargestellt ist das Eindringen von Schadstoffen ins Zentral-Nervensystem durch die Blut-Hirn-Schranke (BHS) und deren Interaktion mit verschiedenen Zelltypen des angeborenen Immunsystems wie Astrozyten, Gliazellen, Oligodendrozyten und Nervenzellen über spezielle Rezeptoren, vor allem TRP-Rezeptoren.
Dabei werden die Immunzellen aktiviert und in einen pathogenen Zustand umgewandelt, der Entzündungsmechanismen auslöst und unterhält. Dabei setzen die Zellen toxische Moleküle wie Zytokine, Histamin, Prostaglandine und Sauerstoff-Radikale frei. Nach Molot et al. (2022) sind diese Mechanismen ebenfalls für die Ausprägung der Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) verantwortlich.
TRP-Rezeptoren spielen eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Mechanismen, die zur Schädigung von Nerven im Zentral-Nervensystem (ZNS) führen. Sie wurden zunächst bei Studien zur Erforschung von Ursachen des Schmerzes im Nervensystem untersucht (Abb. 2) (Lee et al., 2005).

Abb. 2: Ionenkanäle in sensorischen Nervenzellen, die hauptsächlich bei der Schmerzentstehung eine Rolle spielen, nach Lee et al. (2005).
Dass die Aktivierung von TRP-Rezeptoren auch bei der Neurodegeneration eine Rolle spielt, wurde durch viele Studien gestützt, die sich mit der Wirkung von Capsaicin bei der Aktivierung des TRPV1-Rezeptors befassten (zusammengefasst in Steenland et al., 2006). Capsaicin ist Bestandteil des Chili-Gewürzes. Studien haben nachgewiesen, dass Personen, die oft Chili-Gewürz in Speisen konsumieren, verminderte kognitive Funktionen zeigen. Beispielsweise ergab eine Studie, die mit 4852 Teilnehmern im Alter von 63 Jahren durchgeführt wurde, und die täglich mehr als 50 Gramm frische oder getrocknete Chili-Schoten konsumiert hatten, ein mehr als doppelt so hohes Risiko für kognitive Leistungsverminderung aufwiesen als Kontrollpersonen ohne Chili- Konsum (Shi et al., 2019). Eine starke Aktivierung des TRPV1-Rezeptors durch Capsaicin führt zu einer erhöhten Ausscheidung von Glutamat durch aktivierte sensorische Nervenzellen. Dies wiederum verursacht eine Übererregung von NMDA- Rezeptoren (N-Methyl-D-Aspartate-Rezeptor) durch Glutamat im Gehirn (Neves et al., 2023, Thiel et al., 2020). Die schädlichen Folgen werden als „Exzitotoxizität“ bezeichnet, sie kann in extremen Fällen zum Tod führen. Dies wurde anhand von Dutzenden Fällen nach dem Einsatz von „Pfefferspray“ durch Polizeibeamte gegen Drogen-Konsumenten aufgezeigt, wie der „Spiegel“ Nr. 53 (2009) berichtete. Der Tod bei diesen Fällen schien eine Folge des Zusammenwirkens von Capsaicin und verschiedenen Drogen-Wirkstoffen zu sein.
Die Wirkung von Pestiziden und Neurodegeneration
Neurodegenerative Prozesse können im Gehirn auch durch andere Mechanismen entstehen. Einige Pestizid-Wirkstoffe wie die vom Typ der Organophosphate und Organochlor-Verbindungen verstärken neurodegenerative Mechanismen durch direkte Wirkungen an Synapsen im Gehirn.
Organophosphat-Verbindungen wie Paraoxon, Parathion (E605), Chlorpyriphos und andere hemmen das Enzym Acetylcholinesterase im synaptischen Spalt am Ende cholinerger Nervenfasern mit der Folge, dass der Neurotransmitter Acetylcholin nicht abgebaut wird und sich anreichert. Das führt zu Muskel-Krämpfen und damit zur Organophosphat-induzierten verzögerten Neuropathie (ODIPN, Organophosphate- induced delayed Neuropathy) im Zentralnervensystem, die oft bei Landwirten beobachtet wurde, die häufig Insektizide einsetzen (Hargeaves, 2012).
Auch Besatzungsmitglieder und Passagiere von Flugzeugen zeigen oft dann die vielfältigen Symptome der ODIPN, wenn sie den Hydrauliköl-Dämpfen ausgesetzt waren, wie z.B. Ataxie (Gangunsicherheit), Muskel- und Gelenkschmerzen, Neuropathie der peripheren Nerven, Herz-Rhythmusstörungen, kognitive Leistungsschwäche, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, allgemeine Schwäche, chronische Erschöpfung, Depressionen, emotionaler Kontrollverlust. Patienten mit ODIPN zeigen oft auch Symptome einer unspezifischen Überempfindlichkeit gegenüber körperfremden Chemikalien, die von praktizierenden Neurologen in Deutschland berichtet wurde, und die den Symptomen der Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) entsprach (Binz 2009 und 2010; Eicher und Avery, 2005).
Eine übermäßige Ansammlung von Acetylcholin im Gehirn verursacht eine Überaktivierung von muskarinischen Acetylcholin-Rezeptoren im Gehirn, besonders im Vorderhirn, Hippocampus und Striatum (Streifenkörper), die zu einer Ausschüttung von Glutamat durch diese Nervenzellen führt. Glutamat aktiviert dann postsynaptische NMDA-Rezeptoren an Nervenzellen in verschiedenen Hirnarealen, die zu einer Aktivierung verschiedener Funktionen in diesen Arealen führt. Eine Folge einer verstärkten Aktivierung von NMDA-Rezeptoren durch überschüssiges Glutamat ist die sogenannte „Exzitotoxizität“, die durch eine Aktivierung von Signalwegen gekennzeichnet ist, die zur Apoptose, dem programmierten Zelltod, in den Hirnarealen führen, in denen viele NMDA-Rezeptoren vorkommen. Gliazellen in diesen Hirnarealen reagieren darauf mit einer verstärkten Aktivierung von Entzündungsmechanismen, die mit einer vermehrten Bildung von oxidativem und nitrosativem Stress (Sauerstoffradikale und Peroxynitrit) verbunden sind, der wiederum zu einem reaktiven „Teufelskreis“ führt, der neurodegenerative Vorgänge verstärkt (Okun und Mattson, 2009; Bak et al., 2011).
Chlorierte organische Insektizide und Biozide
Substanzen wie Pentachlorphenol, DDT, Lindan, Polychlorierte Biphenyle, Endosulfan und Dioxine binden und aktivieren den sogenannten Ah-Rezeptor (Aryl-Hydrocarbon-Receptor, AhR) in Astrozyten, Gliazellen und Makrophagen, mit der Folge, dass Transkriptionsfaktoren aktiviert werden, die die Produktion von Zytokinen der Entzündungsreaktion wie IL-6, IL-1β und von Enzymen des Entgiftungssystems (Fremdstoff-Metabolismus) wie die Cytochrom-p450- Monooxigenase 1A1 (Cyp 1A1) auslösen. Dies führt zu einer chronischen Entzündung im Gehirn (Chen und Bunce, 2004; Denison und Nagy, 2003).
Die Wirkungen von chlorierten organischen Stoffen wie die oben genannten sind durch einige gemeinsame Merkmale wie die Auslösung von chronischen und langzeitigen Effekten gekennzeichnet, wie beispielsweise folgende:
- Mitochondrien zeigen beschädigte Strukturen, die mit einer Fehlfunktion der Atmungskette, einer Hemmung der ATP-Produktion (ATP = Adenosin-Triphosphat), einer Bildung von Sauerstoffradikalen, einer verminderten Menge von reduziertem Glutathion (GSH) verbunden sind. Als Folge davon ist der Entgiftungs-Mechanismus durch die Glutathion-Transferasen wie GSTM1, GSTP1 und andere gehemmt (Straub, 2007, 2020 und 2022; Huber et al., 2024).
- Die Moleküle der chlorierten organischen Verbindungen lagern sich in die Struktur der Lipidmembranen der Zellen ein und verursachen dadurch Fehlfunktionen bei der Erregungsleitung der Nerven, indem die Funktion der Natrium-Kanäle gestört
- Einige chlorierte organische Verbindungen wie Lindan und Endosulfan hemmen GABA-Rezeptoren im Zentral-Nervensystem und verursachen dadurch in einigen Hirnregionen eine Übererregbarkeit, die möglicherweise die Entstehung einer Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) fördert (Vale et al., 2003; Suñol et al., 1998, Huber et al., 2024). Diese Folge der Hemmung der GABA-Rezeptoren wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass GABA (Gamma-amino-buttersäure) ein hemmender Neurotransmitter ist, der die Erregungsleitung an Nerven
Zusammengefasst führen diese Wirkungen chlorierter organischer Verbindungen zu einer zeitlich verzögerten Ausprägung chronischer Symptome, die unter dem Begriff
„Neurogene Entzündung“ bekannt sind. Hierbei findet eine „Desynchronisation“ zwischen der Auslösung der Symptome durch Chemikalien und den sogar Monate bis Jahre verzögert ausgeprägten Symptomen der neurogenen Entzündung statt (Straub, 2007). Dadurch entstehen Probleme in der praktischen Alltagsmedizin, weil behandelnde Hausärzte häufig den Zusammenhang zwischen der Auslösung durch Umweltchemikalien und der verzögerten Ausprägung der Symptome nicht erkennen.
Umweltchemikalien wie Schwermetalle, Nonylphenol, Di-(2-ethylhexyl)phthalat und Methoxychlor fördern degenerative Alterungsprozesse, indem sie chronische Entzündungsprozesse aktivieren und gleichzeitig die Produktion von Schutzmolekülen wie Chaperone im Endoplasmatischen Retikulum der Zellen hemmen, die für die korrekte Faltung der Tertiärstruktur von Proteinen und Enzymen verantwortlich sind. Als Folge reichern sich Proteine mit gestörter Tertiärstruktur an und lösen Entzündungsprozesse aus. Der Abbau solcher Proteine durch Proteasomen ist gestört (Taghavi et al., 2014).
Quecksilber, Neurodegeneration und Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS)
Quecksilber wurde in der Zahnmedizin bis 2025 als Bestandteil der Amalgamfüllungen in Zähnen verwendet, bis es 2025 durch die EU-Kommission für diese Anwendung verboten wurde. Aber bis heute (2025) tragen viele Menschen Amalgamfüllungen in Zähnen und leiden unter den toxischen Wirkungen der Quecksilber-Dämpfe, die aus den Amalgamfüllungen bei der Körpertemperatur von 37°C freigesetzt werden (Guzzi et al., 2006; Mutter et al., 2004). Der Quecksilber-Dampf besteht aus elementarem metallischem Quecksilber (Hg0), der aufgrund seiner unpolaren, fettlöslichen Eigenschaften biologische Membranen einschließlich der Blut-Hirn-Schranke durchdringt und sich dann im Gehirn in Form von Quecksilber-Ionen (Hg++) anreichert, nachdem die Hg0-Atome dort durch das Enzym Katalase oxidiert wurden (Jirau-Colon et al., 2019). Die Quecksilber-Ionen (Hg++) zeigen im menschlichen Körper verschiedene toxische Wirkungen:
- Sie binden an SH-Gruppen von Cystein-Resten in Proteinen und von reduziertem Glutathion (GSH) und hemmen dadurch Enzym-Aktivitäten und die antioxidative Kapazität des Körpers. So wird in vielen Körperorganen einschließlich des Gehirns der Energiestoffwechsel wesentlich gehemmt. Die Atmungskette in den Mitochondrien wird blockiert, wobei als Zwischenprodukte Sauerstoffradikale entstehen und angereichert werden. Die Folge sind „oxidativer Stress“ und eine Schädigung von Mitochondrien-Membranen (Olivieri et al., 2002).
- Quecksilber-Ionen (Hg++) und auch Ionen anderer Schwermetalle lösen auch auf andere Weise die Bildung von Dauerstoff-Radikalen und oxidativem Stress im Zusammenhang mit der Entstehung von neurodegenerativen Krankheiten aus (Olivieri et al., 2002; Mutter et al., 2004).
- Niedrige Konzentrationen von Hg++ von nur 0,1 mM (Millimol) verursachen eine Degeneration von Axonen der Nervenzellen sowie eine Bildung von Neurofibrillen bei In-vitro-Versuchen (Leong et al., 2001). Eine Niedrig-Dosis-Exposition gegenüber Quecksilber ist mit einem höheren Risiko für die Auslösung einer Alzheimer-Krankheit verbunden (Olivieri et al., 2002; Zahir et al., 2005).
In epidemiologischen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen der Zahl der Amalgam-Füllungen in Zähnen und dem Risiko für neurodegenerative Krankheiten wie die Alzheimer- und Parkinson-Krankheit sowie die Multiple Sklerose gefunden (Jirau- Colon et al., 2019; Mutter et al., 2004). Andere Studien, die in der Übersichtsarbeit von Mutter (2007) zusammengefasst sind, haben den Zusammenhang zwischen der Exposition durch Quecksilber und dem Risiko für die Alzheimer-Krankheit statistisch nachgewiesen. Eigene Beobachtungen der Autoren als Gutachter für etwa 30 Patienten mit typischen MCS-Symptomen haben in ausnahmslos allen Fällen Amalgam-Füllugen in den Gebissen der Betroffenen gefunden. Dies gibt einen Hinweis dafür, dass Quecksilber-Belastung als ein wesentlicher Faktor für die Entstehung des Krankheit MCS in Frage kommt.
Die folgenden Darstellungen weisen darauf hin, dass die Folgen der Wirkung von Quecksilber am Ende der biochemischen Wirkungsketten mit den Wirkungen neurotoxischer Chemikalien weitgehend übereinstimmen.
Oxidativer und Nitrosativer Stress sind Schlüsselmechanismen bei Neurodegeneration und MCS
Das Immunsystem im Gehirn besteht aus spezialisierten Zellen wie Gliazellen und Astrozyten, die einen Teil der Blut-Hirn-Schranke (BHS) darstellen, und die auch in enger Verbindung zu Nervenzellen stehen. Astrozyten spielen eine wichtige Rolle bei der Gehirnfunktion. Etwa 35% der Zellen im Gehirn bestehen aus Astrozyten. Gegenüber den Nervenzellen des Gehirns üben sie unter normalen Bedingungen eine Schutzfunktion aus: Sie unterstützen deren Energie- und Neurotransmitter-Stoffwechsel.
Astrozyten und Nervenzellen tauschen Signalmoleküle über spezielle Zellverbindungen („gap-junctions“) aus. Sie bilden mit Nervenzellen funktionelle Netzwerke und unterstützen dadurch die Funktion der Synapsen und der Blut-Hirn-Schranke (Takeuchi, 2013). Astrozyten regulieren die extrazelluläre Glutamat-Konzentration im Gehirn und verhindern dadurch die Schädigung von Nervenzellen durch die so genannte „Exzitotoxizität“, die durch eine übermäßige Aktivierung von NMDA-Rezeptoren als Folge von erhöhten Glutamat-Konzentrationen ausgelöst wird. Nach übermäßiger Aktivierung von NMDA-Rezeptoren kann es zur Auslösung von Signalwegen der Apoptose, des „programmierten Zelltods“ bei Nervenzellen kommen.
Unter normalen Bedingungen regulieren die Astrozyten die Aktivität der Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems, um eine Entzündung im Gehirn zu verhindern. Sie produzieren antioxidative Stoffe wie reduziertes Glutathion, Thioredoxine wie Alpha-Liponsäure und Metallothioneine, um oxidative Schäden und Apoptose durch reaktive Sauerstoffradikale (ROS) und Peroxynitrit zu verhindern, die bei den Entzündungsmechanismen gebildet werden (Farina, 2013).
Unter den Bedingungen einer chronischen Entzündung im Gehirn wandeln sich Astrozyten und Gliazellen jedoch von einer nützlichen in eine pathogene Form um.
Dies geschieht vor allem, wenn Chemikalien so genannte „Toll-like Rezeptoren“ (TLR) an den Membranen von Astrozyten aktivieren. Ferner scheiden Gliazellen Zytokine aus, das sind Botenstoffe der Entzündungsreaktion, die wiederum die pathogene Form der Astrozyten aktivieren. Diese bauen dann die Zell-Verbindungen (gap junctions) zwischen Astrozyten, Endothel-Zellen und Nervenzellen ab. Die BHS wird geschädigt, die extrazelluläre Glutamat-Konzentration erhöht, weil die nützliche Regulationsfunktion der Astrozyten und Gliazellen wegfällt (Reinisch et al., 2014). Dies führt letztlich zur oben erwähnten Übererregung von NMDA-Rezeptoren im Gehirn.
Die Folgen der Überaktivierung von NMDA-Rezeptoren sind mit neurodegenerativen Prozessen verbunden. Der NMDA-Rezeptor ist mit einem Calcium-Kanal in der Zellmembran der Nervenzelle verbunden. Bei Aktivierung des Rezeptors strömen Calcium-Ionen (Ca++) ins Zellinnere und lösen weitere Signal-Kaskaden aus, die unter anderem zur Aktivierung von NO-Synthasen (eNOS, nNOS, iNOS; d.h. endotheliale, neuronale, induzierbare NOS) führen (Pall, 2007 und 2009). NO-Synthasen bauen die Aminosäure Arginin unter oxidativen Bedingungen zu Citrullin ab und setzen dabei Stickstoff-Monoxid (NO) frei:

Abb. 3 NO Synthasen
Erhöhte Calcium-Konzentrationen hemmen außerdem die Enzyme der Atmungskette in den Mitochondrien und verursachen dabei eine vermehrte Bildung von Wasserstoff- Peroxid (H2O2). Stickstoff-Monoxid (NO) und Wasserstoff-Peroxid reagieren spontan zu Peroxynitrit, das hoch reaktionsfähig ist und in der Zelle verschiedene schädliche Effekte auslöst:
- Erhöhung der Aktivität des NMDA-Rezeptors und dadurch Bildung eines positiven Rückkopplungs-Zyklus, der zu einer verstärkten Bildung von NO und Peroxynitrit führt. Dies geschieht, weil die NMDA-Aktivierung eine Induktion des Enzyms iNOS (induzierbare NOS) zur Folge hat und dann zu einer Überproduktion von NO führt (Acarin et al., 2002).
- Peroxynitrit beschädigt die Blut-Hirn-Schranke, sodass als Folge chemische Stoffe und Signalmoleküle der Entzündungsreaktion ins Gehirn
- Peroxynitrit aktiviert den Induktionsfaktor NF-kB, der dann die Gene für die Bildung von Zytokinen der Entzündungsreaktion induziert (aktiviert), wie z.B. Interferon- gamma (Ifn-γ), Tumornekrose-Faktor-alpha (TNF-α) and Interleukin-1-beta (IL-1β). Damit werden die Entzündungsmechanismen des angeborenen Immunsystems aktiviert.
- Peroxynitrit löst einen Schadensmechanismus an biologischen Membranen von Nervenzellen und Mitochondrien aus, der als „Lipid-Peroxidation“ bekannt ist (Younes, 2003). Dies hat eine Hemmung der Funktion der Mitochondrien zur Produktion von ATP (Adenosin-triphosphat) zur Folge. ATP ist Energiequelle für viele Körperfunktionen, und wenn diese fehlt, kommt es beispielsweise zu Energiemangel-Symptomen wie Myalgischer Enzephalopathie/Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), einer häufigen Begleitkrankheit von MCS- Patienten (Pall, 2007).
- Ein Überschuss von NO hemmt außerdem die Aktivität der Cytochrom-p450- Monnooxigenasen, den Enzymen der Phase I der Entgiftungsreaktion, wodurch eine Anreicherung von toxischen Molekülen im Körper verursacht wird. Patienten mit MCS haben häufig ein genetisch bedingtes Defizit beim Entgiftungssystem (Schnakenberg et al., 2007), sodass die Entzündungsmechanismen bei erhöhten NO- Konzentrationen die Folgewirkungen des genetischen Entgiftungs-Defizits weiter verstärken.
- NO wirkt als positiver Rückkopplungs-Botenstoff, nachdem es von der postsynaptischen Nervenzelle nach Aktivierung des NMDA-Rezeptors freigesetzt wurde (Pall, 2007). NO diffundiert über den synaptischen Spalt zur präsynaptischen Nervenzelle und aktiviert dort die Freisetzung von Glutamat. Dieser Mechanismus dient normalerweise zur Unterstützung von Lernprozessen und Gedächtnisbildung, indem er die Aktivität der Synapse beim Lernprozess verstärkt. Jedoch unter den Bedingungen einer Entzündung im Gehirn verstärkt er die schädigende Wirkung des Glutamats, die zur Exzitotoxizität führt. Dies bedeutet eine Aktivierung des Apoptose-Signalweges durch übermäßige Glutamat-Ausschüttung (Neves et al., 2023).
Folgen der Bildung von NO und Peroxynitrit
Eine Beschädigung der Membranen von Nervenzellen durch Peroxynitrit verursacht eine Freisetzung von Signalmolekülen aus den Nervenzellen, die Mikrogliazellen aktivieren, wie z.B. Glutamat, ADP (Adenosin-Diphosphat), und Signal-Proteine wie HMGB1 (high-mobility group protein 1) und CCL-21 (Chemokin-Ligand 21). Dies führt zur weiteren Aktivierung der Mikroglia, die dann vermehrt Zytokine der Entzündungsreaktion ausscheiden wie IL-1β, TNFα, IL-6, IL-12, Ifnγ, Fas-Ligand und zusätzliches Glutamat. Somit ergibt sich hier ein weiterer positiver Rückkopplungs- Zyklus, der die Entzündung im Gehirn verstärkt. Die Konzentrationen der reaktiven Sauerstoff-Radikale (ROS), der Superoxid-Anionen, von NO, Peroxynitrit und von Hydroxyl-Radikalen nehmen weiter zu und die Entzündung im Gehirn schreitet weiter fort (Suzumura, 2013; Lee, 2013).
Die chronische Entzündung im Gehirn hat Folgewirkungen auf den Stoffwechsel der Neurotransmitter. Die Zytokine des Entzündungs-Mechanismus wie IL-6, IL-1β, TNF- α, Ifn-γ wirken als Induktoren für das Gen des Enzyms Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO). Die Synthese von IDO wird also aktiviert, und dieses Enzym wandelt dann die Aminosäure Tryptophan in das Abbauprodukt Kynurenin um, das dann weiter zu Chinolinsäure abgebaut wird. Chinolinsäure wirkt toxisch und aktiviert den NMDA- Rezeptor und dessen toxische Funktion bei der Auslösung der Mechanismen der Exzitotoxizität, also der Signalwege, die zur Apoptose, den programmierten Zelltod der Nervenzellen, führen.
Außerdem bindet und aktiviert Kynurenin den Ah-Rezeptor vergleichbar zur Wirkung der polychlorierten Dioxine und Biphenyle und verstärkt deren neurotoxische Wirkung bei entsprechender Belastung (Opiz et al., 2011).
Die hier beschriebenen Mechanismen und Signalwege stellen nur einen kleinen Teil der Vorgänge dar, die bei den Entzündungsmechanismen infolge neurodegenerativer Prozesse bei den Demenzkrankheiten Alzheimer und Parkinson beschrieben wurden, siehe die zusammenfassenden Arbeiten von Lajtha (2007) und Ahmad (2012). Weil die meisten dieser Mechanismen auch durch die Bindung von Chemikalien an TRP- Rezeptoren ausgelöst werden können, ergibt sich hier ein Zusammenhang zwischen der Auslösung neurodegenerativer Vorgänge mit der Auslösung der Krankheit „Multiple Chemikalien Sensitivität“ (MCS), die zu den chronisch-entzündlichen Multisystem- Krankheiten gerechnet wird (Pall, 2007).
Pathologische Mechanismen der Multiplen Chemikalien-Sensitivität (MCS) ähneln denen der neurodegenerativen Krankheiten
Die Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS) ist im ICD-Code (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) unter „ICD-10 T78.4“ gelistet. Dennoch wird die Krankheit von den offiziellen Institutionen des Gesundheitswesens in Deutschland bis 2025 immer noch nicht als eine solche anerkannt, und dies obwohl es in der Fachliteratur eine Vielzahl von Studien mit Belegen dafür gibt, siehe z.B. zusammenfassend dargestellt bei Pall (2007) und Molot (2021). Diese Studien belegen die Tatsache, dass MCS eine chronisch-entzündliche Multisystem-Krankheit darstellt. Die Auslösung des Krankheitszustandes von MCS erfolgt entweder durch einen einmaligen besonders einschneidenden Vorfall einer übermäßigen Exposition gegenüber toxischen Stoffen oder durch eine chronische Exposition gegenüber niedrig dosierten Umweltgiften, wobei die Art der auslösenden Stoffe in der Regel völlig verschieden zu den Stoffen ist, die später im Stadium der etablierten Krankheit die akuten Symptome auslösen (Genuis, 2010).
MCS gehört zu den chronisch-entzündlichen Multisystem-Krankheiten, bei denen die Aktivierung des NMDA-Rezeptors eine zentrale Rolle beim Pathomechanismus spielt (Pall, 2007). Wie oben dargestellt sind führt die Aktivierung der NMDA- und TRP- Rezeptoren zu einem chronischen Entzündungsprozess im Gehirn, der mit der Aktivierung des Induktionsfaktors NF-kB beginnt und zur Aktivierung der Synthese und Ausschüttung von Zytokinen der Entzündungsreaktion führt. Der aktivierte Induktionsfaktor NF-kB stellt einen zentralen Faktor für den Mechanismus von MCS und auch von anderen chronisch entzündlichen Multisystem-Krankheiten wie ME/CFS (Myalgische Renzephalopathie/ Chronisches Erschöpfungssyndrom) und toxische Enzephalopathie und Polyneuropathie dar. Er löst einen positiven Rückkopplungs- Zyklus mit einer sich selbst verstärkenden Wirkung aus, die schließlich zur Produktion von Wasserstoff-Peroxid (H2O2), Stickstoffoxid (NO) und
Peroxynitrit führt, die als Bestandteile des NO/ONOO-Zyklus bekannt sind (Pall,2007). Dieser Mechanismus macht, wie oben beschrieben, ebenfalls einen wesentlichen Teil der neurodegenerativen Prozesse bei der Alzheimer- und Parkinson-Krankheit aus (Suzumura, 2013; Lee, 2013).
Peroxynitrit (ONOO–) ist nachweislich der Hauptfaktor für die zellschädigende Wirkung bei den geschilderten Pathomechanismen. Peroxynitrit entsteht bei der Reaktion zwischen NO und dem Superoxid-Anion (HOO–) spontan und Diffusions- kontrolliert. Peroxynitrit ist hoch reaktionsfähig und greift DNA, Lipide und Proteine durch direkt oxidierende Reaktionen oder auch indirekt durch Radikal-gesteuerte Reaktionsmechanismen an. Als Folge dieser Reaktionen kommt es zu einzelnen Veränderungen bei den Signalwegen in der Zelle bis hin zu übermäßigen oxidativen Schäden, die in den Zellen zur Nekrose oder Apoptose (programmierter Zelltod) führen. Im lebenden Organismus verursacht die Peroxynitrit-Produktion einen grundlegenden pathogenen Mechanismus bei lebensbedrohlichen Vorfällen und Krankheiten wie Schlaganfall, Myokard-Infarkt, chronischer Herz-Insuffizenz, Diabetes, Kreislauf- Zusammenbruch, chronischen Entzündungskrankheiten, Krebs, neurodegenerativen Krankheiten und eben auch bei den chronisch-entzündlichen Multisystem-Krankheiten wie die erwähnten MCS und ME/CFS (Pacher et al., 2007; Pall, 2007).
Nach Pall (2007) gibt es einen zentralen biochemischen Mechanismus für die ausgeprägte Überempfindlichkeit gegenüber organischen Lösungsmitteln, die offensichtlich als Folge einer früheren Exposition gegenüber Fremdchemikalien entstanden ist. Dieser Mechanismus beruht im Wesentlichen auf der Aktivierung des N- methyl-D-aspartat-(NMDA-)Rezeptors im Verlauf einer Signalkette, die durch Bindung von Chemikalien an TRP-Rezeptoren, wie oben beschrieben, ausgelöst wird. In Frage kommen Umweltchemikalien wie beispielsweise organische Lösungsmittel und verschiedene Pestizid-Wirkstoffe, die im Verlauf der Signalkette zur Produktion erhöhter Konzentrationen von Stickstoff-Monoxid (NO) und Peroxynitrit führen, die wiederum – neben anderen Schadwirkungen – eine erhöhte Aktivierung und Überempfindlichkeit des NMDA-Rezeptors bewirken. Auf diese weise verursacht die Exposition gegenüber Umweltchemikalien eine fortschreitend zunehmende und unspezifische Überempfindlichkeit gegenüber Fremdchemikalien.
Pestizide vom Typ der organischen Phosphate und der Carbamate wirken über die Aktivierung von muskarinischen Rezeptoren (postsynaptische Acetylcholin-Rezeptoren) an den Erfolgsorganen und auch im Zentralnervensystem (ZNS), die in der Folge ähnliche Wirkungen verursachen wie die oben über den NMDA-Rezeptor beschriebenen. Zusätzliche Mechanismen der Chemikalien-Empfindlichkeit sind im Zusammenhang mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke als Folge von Schädigungen durch Peroxynitrit, sowie durch eine Hemmung der Cytochrom- P450-Enzyme des Entgiftungssystems durch NO zu erklären.
Mit der Überaktivität und Überempfindlichkeit des NMDA-Rezeptors und der übermäßigen Bildung von NO und Peroxynitrit lassen sich viele Aspekte und Fragen zur Krankheit MCS erklären (siehe Pall, 2007). Danach gibt es einen sich selbst verstärkenden Rückkopplungs-Kreislauf („NO-ONOO-Zyklus“) als zentralen Mechanismus der chronisch-entzündlichen Multisystem-Krankheiten, der durch viele bei Pall (2007) zitierte Studien in der wissenschaftlichen Literatur bestätigt wurde.
Damit scheinen die oben erwähnten Mechanismen der Neurodegeneration bei der Alzheimer-, Parkinson- und anderen neurodegenerativen Krankheiten mit dem zentralen biochemischen Mechanismus der chronisch-entzündlichen Multisystem-Krankheiten wie MCS, ME/CFS und auch Autoimmun-Krankheiten wie Multiple Sklerose zusammenzuhängen.
Verfahren der diagnostischen Bildgebung wie SPECT und PET haben Anzeichen für Neurodegeneration im Gehirn bei Patienten mit MCS-Diagnosen aufgezeigt (Fabig, 1990 und 1998). Mit SPECT-Analysen von Gehirnen von Personen, die neurotoxischen Stoffen wie Pestiziden und organischen Lösungsmitteln ausgesetzt waren, wurde ein verminderter Blutfluss in verschiedenen Gehirnarealen nachgewiesen, der auf eine verminderte Funktion dieser Hirnareale als Folge der Exposition durch neurotoxische Chemikalien hinwies (Heuser und Mena, 1998). Ähnliche Befunde berichtete Müller et al. (2000, 2008) nach Untersuchung von etwa 200 Patienten, die organischen Lösungsmitteln, Formaldehyd, sowie dem Holzschutzmittel Pentachlorphenol ausgesetzt waren. Der größere Teil dieser Patienten litt gleichzeitig unter einer toxischen Enzephalopathie und MCS. Diese Befunde bestätigten, dass die SPECT-Untersuchung des Blutflusses im Gehirn zum Nachweise verminderter Gehirn-Funktionen als Folge der Exposition gegenüber neurotoxischen Chemikalien geeignet ist. Bei Patienten mit MCS laufen damit offenbar neurodegenerative Prozesse nach Exposition gegenüber neurotoxischen Stoffen ab.
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Es gibt ähnliche pathologische Mechanismen bei neurodegenerativen Krankheiten und Multipler Chemikalien-Sensitivität (MCS), die durch Exposition gegenüber Umweltchemikalien ausgelöst werden, und die zur Aktivierung von Rezeptoren wie NMDA- und TRP-Rezeptoren im Zentral-Nervensystem (ZNS) führen. Die Aktivierung dieser Rezeptoren führt zur Ansammlung von Glutamat und Acetylcholin im ZNS und damit zur Auslösung schädigender Signalwege in Nervenzellen, die letztlich im Mechanismus der Apoptose bei Nervenzellen enden. Diese Vorgänge sind begleitet und werden verstärkt von chronischen Entzündungs-Mechanismen im Gehirn mit Beteiligung von Gliazellen, Astrozyten und Makrophagen. Als zentraler Teil dieser Entzündungsmechanismen kommt es zu einem sich selbst verstärkenden „Teufelskreislauf“, der durch Peroxide, NO und Peroxynitrit angetrieben wird, der sogenannte „NO-ONOO-Zyklus“, auf Deutsch übersetzt erscheint das wie „Nein, Oh- Nein-Zyklus“, bezeichnet aber die beteiligten Moleküle (nach Pall, 2007). Wenn der Zyklus einmal in Gang gekommen ist, dann führt er zu meist irreversiblen Schädigungen in Teilen des Gehirns bei gleichzeitig aktivierten Entzündungs- Mechanismen. Die Membranen von Nervenzellen und Mitochondrien werden durch Peroxynitrit und Sauerstoffradikale durch einen als Radikal-Kettenreaktion bezeichneten Mechanismus geschädigt (Younes, 2003). Dies führt zum Verlust der Funktion von Nervenzellen und Mitochondrien, wodurch weitere Zyklen von Entzündung und Neurodegeneration im Gehirn verursacht werden. Diese Mechanismen bewirken letztlich eine Herabsetzung der Reaktionsschwelle gegenüber der Exposition durch Umweltchemikalien als typisches Merkmal von MCS.
Nach unserer eigenen Erfahrung als Gutachter für Patienten, die durch das Holzschutzmittel Pentachlorphenol, durch Insektizide vom Typ der Organophosphate, den Dämpfen von organischen Lösungsmitteln oder dem Quecksilber, das aus Amalgam-Füllungen in Zähnen freigesetzt wird, sind bei allen diesen Patienten schwere Symptome von MCS mit gleichzeitiger chronischer Erschöpfung und kognitiver Leistungs-Verminderung festzustellen.
Andererseits muss hier betont werden, dass MCS nicht als „neurodegenerative Krankheit“ im engeren Sinne einzuordnen ist, weil im Verlauf der Krankheit meist keine fortschreitende Degeneration des Gehirns stattfindet. Dies ist dadurch zu erklären, dass bei sofortiger Vermeidung der auslösenden Umweltchemikalien eine Hemmung der schädlichen biochemischen Kreisläufe festzustellen ist, weil der Körper eine Regeneration der antioxidativen Kapazitäten u.a. durch Neubildung von reduziertem Glutathion (GSH) durchführt, das Peroxynitrit und Sauerstoffradikale neutralisiert. Pall (2010) empfiehlt daher dringend auch die Verabreichung von antioxidativen Wirkstoffen und Vitaminen wie z.B. reduziertes Glutathion (GSH), Vitamin C und Alpha-Liponsäure und einigen anderen. Diese Therapie ist bei fortschreitenden neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson deutlich weniger wirksam.
Die hier sowohl für MCS als auch die neurodegenerativen Krankheiten beschriebenen Mechanismen und deren Auslösung durch Umweltchemikalien erfordern dringend Maßnahmen zur Vermeidung der Exposition durch toxische Umweltchemikalien wie Pestizide bei der Anwendung in der konventionellen Landwirtschaft, organische Lösungsmittel, Feinstaub in der Luft, Mikroplastik-Teilchen in Wasser und Lebensmitteln, Biozide und Holzschutzmittel, Konservierungsstoffe, synthetische Farbstoffe in Lebensmitteln, Weichmacher in Kunststoff-Materialien, und viele andere Umweltchemikalien. Hierzu sind verantwortliche Institutionen des öffentlichen Gesundheitswesens und des Umweltschutzes sowie die politischen Gesetzgeber aufgefordert.
Danksagung
Dieser Artikel wurde im Auftrag der Europäischen Gesellschaft für Medizin für die Zeitschrift „Medical Research Archives“ verfasst, dessen deutsche Übersetzung hiermit vorliegt. Dafür gebührt Dank an Dr. Alex Clark von der genannten Gesellschaft.
Außerdem gilt unser Dank Prof. Martin Pall für seine grundlegenden Erkenntnisse zu den chronisch-entzündlichem Multisystem-Krankheiten sowie Dr. Kurt Müller für seine inhaltlichen Beiträge. Besonderer Dank gebührt Dr. Volker von Baehr, Institut für Medizinische Diagnostik (IMD), Berlin, der zusammen mit seinen Mitarbeiter*innen viele neue Methoden der Labordiagnostik zum Nachweis chronisch-entzündlicher Multisystem-Krankheiten wie MCS, ME/CFS entwickelt hat und ständig weiterentwickelt. Ohne diesen würden wir ratlos „auf dem Trockenen sitzen“.
Autoren
Professor Dr. med. Wolfgang Huber (em.), vormals an den Universitätskliniken Heidelberg/Mannheim für Nephrologie, später Qualifikation für Umweltmedizin erworben, Gründungsmitglied des Deutschen Berufsverbandes klinischer Umweltmediziner e.V. (dbu)
Dr. rer. nat. Hans-Ulrich Hill, Diplom-Biologe, Fachrichtungen Immunologie, Mikrobiologie, Toxikologie, tätig als Gutachter und Fachbuch-Autor.
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